Fragen & Antworten
Was ändert sich 2023 / 2024 mit den neuen Regelungen der Fachkräfteeinwanderung?
Am 18.08.2023 wurden die neuen gesetzlichen Regelungen zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung verkündet. Damit soll es für Unternehmen leichter werden, Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten (Drittstaaten) zu gewinnen. Erste Regelungen treten bereits im November in Kraft, andere zum 1. März 2024 bzw. 1. Juni 2024. Was wird sich konkret ändern? Die wichtigsten Neuerungen stellen wir Ihnen hier vor. Dabei im Fokus: Fachkräfte mit Qualifikationen im beruflichen Bereich.
Fachkräfteeinwanderung für Fachkräfte mit anerkanntem Berufsabschluss
Ein zentrales Prinzip der Fachkräfteeinwanderung ist weiterhin, dass Menschen aus Drittstaaten, die in Deutschland arbeiten und leben möchten, ihren Berufsabschluss aus dem Ausland anerkennen lassen müssen. Neu ist, dass man bei einer als voll gleichwertig anerkannten Berufsqualifikation ab dem 18. November 2023 in jedem nicht-reglementierten Beruf arbeiten kann, und nicht mehr ausschließlich in dem Beruf, in dem der formale Abschluss erworben wurde.
Einwanderung für Personen mit noch nicht anerkanntem Berufsabschluss
Ab dem 1. März 2024 können internationale Fachkräfte das Verfahren zur Anerkennung ihres Abschlusses auch erst in Deutschland durchführen. Bisher musste es vor der Einreise vom Ausland aus beantragt und durchlaufen werden.
Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen schließen dazu eine Vereinbarung, die sogenannte Anerkennungspartnerschaft. Damit verpflichten sie sich dazu, das Anerkennungsverfahren zeitnah nach Einreise anzustoßen. Hierfür erhält die Fachkraft einen Aufenthaltstitel für zunächst ein Jahr. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich. In dieser Zeit ist das Anerkennungsverfahren sowie eine möglicherweise nötige Anpassungsqualifizierung zu absolvieren, d.h. die volle Gleichwertigkeit des Abschlusses muss erreicht werden.
Auch im Falle eines vom Ausland aus durchgeführten Anerkennungsverfahrens, in dem eine teilweise Gleichwertigkeit festgestellt wurde, kann die Einreise zur Beschäftigung nur erfolgen, wenn eine Anerkennungspartnerschaft geschlossen und im Visumverfahren nachgewiesen wird.
Eine weitere Neuerung ist, dass man bei fehlenden oder nicht ausreichenden Unterlagen für die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens auch die Möglichkeit erhält, für eine Qualifikationsanalyse einzureisen.
Einreise mit nicht formal anerkanntem Abschluss und praktischer Berufserfahrung
Die neuen Regelungen sehen eine Lockerung vom Prinzip der obligatorischen Berufsanerkennung vor: Mit einem im Ausland staatlich anerkannten Abschluss in einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung, mindestens zwei Jahren Berufserfahrung, die zu der in Deutschland angestrebten Beschäftigung befähigt und einem vom Arbeitgeber zu zahlendem Mindestgehalt von 45% der Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung (Beträge für das Jahr 2023: 39.420 € West / 38.340 € Ost) ist eine Einreise auch ohne Berufsanerkennung möglich. Ist der Arbeitgeber tarifgebunden und vergütet er die ausländische Arbeitskraft nach Tarif, gilt die Mindestgehaltsgrenze nicht. Der Arbeitgeber kann selbst entscheiden, welche (formalen) Deutschkenntnisse für eine zu besetzende Position als ausreichend angesehen werden.
Blaue Karte EU für Akademiker*innen
Auch für Fachkräfte mit akademischen Qualifikationen gibt es Erleichterungen. Mit der neuen Blauen Karte EU (Inkrafttreten zum 18. November 2023) gelten niedrigere Einkommensgrenzen. Diese wurde auf 50 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung (Beträge für das Jahr 2023: 43.800 € West / 42.600 € Ost) gesenkt. Auch der Arbeitgeberwechsel und der Familiennachzug werden vereinfacht.
Einreise zur Arbeitsplatzsuche oder zur Suche nach einer Maßnahme zur Anerkennung der ausländischen Qualifikation
Ab dem 1. Juni 2024 werden die Möglichkeiten zur Einreise nach Deutschland, um hierzulande für maximal 1 Jahr nach einem Arbeitsplatz zu suchen, durch die sogenannte Chancenkarte erweitert. Die Chancenkarte funktioniert auf Basis eines Punktesystems. Punkte gibt es nach festen Auswahlkriterien, u.a. Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug. Für den Erhalt der Chancenkarte müssen mindestens sechs Punkte erreicht werden. Zudem muss die Fachkraft einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Abschluss (mind. 2-jährig) oder ein AHK-Zertifikat besitzen, Deutschkenntnisse A1 oder Englischkenntnisse B2 haben und der Lebensunterhalt muss gesichert sein. Fachkräfte mit voller Berufsanerkennung erhalten in jedem Fall eine Chancenkarte, wenn ihr Lebensunterhalt während der Aufenthaltszeit gesichert ist. Eine als teilweise gleichwertig anerkannte Berufsqualifikation bringt vier von sechs nötigen Punkten zum Erwerb einer Chancenkarte. Mit der Chancenkarten kann man auch nach Deutschland kommen, um sich eine Maßnahme zur Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation zu suchen.
Einreisemöglichkeiten für Personen ohne formale Berufsqualifikationen
Folgende Änderungen treten zum 01. März 2024 in Kraft: Für Personen aus dem Ausland, die eine Ausbildung in Deutschland machen möchten, wird das Maximalalter auf 35 Jahre angehoben. Zudem wird die Westbalkanregelung entfristet und das jährliche Kontingent der Visa, die an Staatsangehörige der Westbalkanstaaten vergeben werden können, auf 50.000 erhöht. Diese Regelung ermöglicht es Unternehmen, Arbeitskräfte aus dem Westbalkan anzustellen, unabhängig von ihrer formalen Qualifikation. Die Aufenthaltserlaubnis ist stets befristet.
Sogenannter „Spurwechsel“ für Asylbewerber*innen in Deutschland
Asylbewerber*innen, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind, einen Arbeitsplatz bzw. ein Arbeitsplatzangebot haben und die entsprechenden Qualifikationen besitzen, können ihr Asylverfahren durch Antragsrücknahme beenden und eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen. Dieser „Spurwechsel“ zwischen Asylaufenthalt zum Beschäftigungsaufenthalt ist möglich, ohne zuvor auszureisen und ein Visumverfahren durchlaufen zu haben.