"Schon etliche vollwertige Fachkräfte durch Anpassungsqualifizierung hervorgebracht!" – Interview mit der Anerkennungsberatung der HWK Dortmund
Nicht immer verfügen Fachkräfte mit ausländischem Berufsabschluss über alle Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die in der deutschen Referenzausbildung vermittelt werden. Wenn die zuständigen Stellen deshalb nur eine teilweise Gleichwertigkeit des ausländischen Abschlusses bescheinigen, haben die Fachkräfte die Möglichkeit, fehlendes Wissen und Können im Rahmen einer Anpassungsqualifizierung nachzuholen. Im Interview mit »Unternehmen Berufsanerkennung« erklärt Diana Noelle, Weiterbildungsberaterin im Bildungszentrum der Handwerkskammer Dortmund, wie eine Anpassungsqualifizierung abläuft, für wen sie sinnvoll ist und welche Voraussetzung für die Teilnahme vorliegen müssen.
Unternehmen Berufsanerkennung: Frau Noelle, als Weiterbildungsberaterin sind Sie auch für die Planung und Durchführung von Anpassungsqualifizierungen ausländischer Fachkräfte zuständig, so z. B. auch bei Herrn Firas Kassar aus Syrien. Wie läuft das Verfahren grundsätzlich ab und wie gewinnen Sie die Teilnehmer*innen dafür?
Noelle: Als Erstes wird durch unsere Anerkennungsstelle im Haus überprüft, ob eine Gleichwertigkeit der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation mit einer deutschen Referenzqualifikation im Handwerk besteht. Dafür werden Zeugnisse und andere Nachweise herangezogen, aber auch der Ausbildungsrahmenplan des Herkunftslandes wird analysiert und mit der entsprechenden deutschen Ausbildungsverordnung verglichen. Stellt sich dabei heraus, dass konkrete Defizite vorliegen oder bestimmte Kenntnisse weiter vertieft werden sollten, um eine Gleichwertigkeit herzustellen, bieten wir an, einen Plan zur individuellen Anpassungsqualifizierung zu entwickeln. Bei Herrn Kassar, der ja Zahntechniker in Syrien gelernt hat, betraf das u. a. die Bereiche Modellguss, Fachvokabular und Frästechnik. Hier bestand Nachholbedarf – also haben wir ihm einen passenden Schulungsplan zusammengestellt.
Unternehmen Berufsanerkennung: Die Betroffenen werden also engmaschig von der Kammer beraten …
Noelle: Ja – und das ist absolut notwendig. Früher hat man sie mit dem Bescheid der Gleichwertigkeitsprüfung in die große, weite Welt der Weiterbildung entlassen. Das Ergebnis war, dass sie fast nie das passende Kursangebot gefunden haben: Die Kurse waren zu lang, zu kurz, hatten schon angefangen oder boten nicht exakt das Erforderliche. Diese Schwierigkeiten haben wir erfolgreich abgestellt, indem die Kammer die Planung für die Betroffenen aus dem Handwerk übernommen hat. Die Lehrgänge sind nun auf die individuellen Bedarfe abgestimmt und decken die fehlenden Kenntnisse ab, die in der Gleichwertigkeitsfeststellung präzise identifiziert wurden.
Unternehmen Berufsanerkennung: Es gibt Länder, in denen die Berufsausbildung nur theoretisch vermittelt wird. Wie gehen Sie damit um?
Noelle: Definitiv. Eine Anpassungsqualifizierung ist hier auf jeden Fall sinnvoll, denn praktische Erfahrungen haben diese Teilnehmer*innen nicht während der Ausbildung, sondern erst im Berufsleben gesammelt, und dann oft einseitig – ein großer Unterschied zu unserer dualen Ausbildung, die sehr praxisorientiert und fachlich breit angelegt ist. Je nach Stand der praktischen Erfahrung wird eine Anpassungsqualifizierung durch ein Betriebspraktikum ergänzt.
Unternehmen Berufsanerkennung: Und wie gehen Sie vor, wenn Personen im Ausland gar keinen staatlich geregelten Abschluss erworben haben oder nur Berufserfahrung gesammelt haben?
Noelle: Dann schicken wir die Betroffenen zunächst in die sogenannte Kompetenzfeststellung, d. h. wir überprüfen die praktischen Fähigkeiten der teilnehmenden Person und verschaffen uns einen konkreten Überblick darüber, was sie kann bzw. wo Know-how fehlt. Auf dieser Basis können wir dann weiter planen und sie auf eine externe Abschluss-/Gesellenprüfung vorbereiten.
Unternehmen Berufsanerkennung: Mit welchen Stellen außerhalb der Handwerkskammer arbeiten Sie zusammen, Stichwort: Vernetzung?
Noelle: Ein wichtiger Partner ist der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT), bei dem das IQ-Netzwerk NRW angesiedelt ist. Das landesweite Einzugsgebiet des WHKT ermöglicht es, Lehrgangsteilnehmer*innen aus ganz NRW nach Gewerken zu bündeln. Das macht sich insofern bezahlt, als dass wir uns in Dortmund ein bisschen auf das Gewerk Zahntechnik spezialisiert haben und hier eine hohe Expertise bzgl. der Anerkennung, aber auch bei den fachspezifischen Lehrgangsangeboten aufgebaut haben.
Unternehmen Berufsanerkennung: Sie schulen also auch Teilnehmer*innen aus anderen Kammerbezirken. Wie praktikabel ist das?
Noelle: Durch die Schwerpunktbildung schaffen wir es eher, gesonderte Anpassungskurse für Kleingruppen von vier bis fünf Personen zu bilden, die bei Bedarf noch durch fachsprachliche Angebote ergänzt werden. Die bringen den Betroffenen eindeutig mehr als eine Teilnahme am Regelkurs, weil man etwas flexibler arbeiten und einzelne Themen bei Bedarf auch vertiefen kann. Wenn Teilnehmer*innen eine weite Anreise haben und nicht täglich pendeln können, bringen wir sie fußläufig zum Bildungszentrum in unserem Internat unter. Das klappt sehr gut.
Unternehmen Berufsanerkennung: Würden Sie also sagen, die Anpassungsqualifizierung hat sich in dieser Form bewährt?
Noelle: Auf jeden Fall. Sicherlich müsste das Verfahren noch stärker beworben und gezielter kommuniziert werden, gerade in ländlichen Regionen. Aber wir haben mit der Gleichwertigkeitsprüfung und der daran anschließenden Anpassungsqualifizierung schon etliche, vollwertige Fachkräfte hervorgebracht – und die brauchen unsere Betriebe ganz dringend.
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