Im Interview Nadine Lämmermeyer vom Panoramahotel Oberjoch

Internationale Auszubildende gewinnen und halten

Top Modul Grafik
von Unternehmen Berufsanerkennung
14.12.2023 5 Minuten Lesezeit

Aus Ungarn, Indonesien, Rumänien oder Gambia – die Lerch Genusswelten beschäftigen derzeit Mitarbeiter*innen und Auszubildende aus über 54 Ländern. Wir haben Nadine Lämmermeyer interviewt, sie ist stellvertretende Personalleitung der Lerch Genusswelten und Ansprechpartnerin für das Panoramahotel Oberjoch. Seit mehreren Jahren rekrutiert sie für das Hotel Auszubildende aus dem Ausland. Im Interview teilt sie ihre Erfahrungen bei der Gewinnung von Azubis im Ausland, was das Panoramahotel tut, damit diese sich in Deutschland wohl fühlen und welche Tipps sie für andere Arbeitgeber*innen hat.

 

UBA: Wie sind Sie auf die Auszubildenden aufmerksam geworden?

„Im Jahr 2019 haben wir mit einer Vermittlungsagentur gestartet, Auszubildene aus Nicht-EU-Ländern für uns zu gewinnen. So sind wir auf unsere ersten drei Köche aus Indonesien aufmerksam geworden, die wir im Anschluss an ihre erfolgreich abgeschlossene Ausbildung übernommen haben. Aktuell arbeiten wir mit mehreren Vermittlungsagenturen zusammen, wir bekommen aber auch regelmäßig Direktbewerbungen. Ganz viel funktioniert mittlerweile auch über Mund-zu-Mund-Propaganda. Viele neue Auszubildende sind mit ehemaligen Azubis aus unserem Haus verwandt oder befreundet. Die neuen Auszubildenden wissen häufig so bereits aus Erzählungen, was auf sie zukommt. Das ist für uns als Arbeitgeber auch eine große Erleichterung.“

UBA: Wie unterstützt Ihr Hotelbetrieb die Auszubildenden vor Start der Ausbildung?

„Wir stellen unseren Auszubildenden Wohnraum zur Verfügung. Unser Hotelbetrieb verfügt über 100 Personalwohnungen und jede Person, die bei uns eine Ausbildung absolviert, muss sich keine Gedanken um die Wohnung machen, die stellen wir zur Verfügung. Außerdem unterstützen wir beim Einreiseprozess und erstellen Unterlagen sowie Nachweise. Wir versenden auch mit relativ teurem Express-Versand Originalarbeitsverträge, wenn das von der jeweiligen Botschaft gefordert wird, sodass sichergestellt wird, dass diese ankommen.“

UBA: Wie unterstützen Sie die Auszubildenden nach ihrer Ankunft?

„Wenn es möglich ist, holen wir die Auszubildenden vom Bahnhof ab, damit sie sich von Anfang an bei uns willkommen fühlen. Die Ausbildung startet mit einem WelcomeDay. Die Auszubildenden werden von der Geschäftsführung begrüßt, es gibt ein gemeinsames Mittagessen und die einzelnen Abteilungsleiter stellen sich vor. Außerdem machen wir eine Hausführung und die Auszubildenden lernen ihre Paten, Auszubildende aus dem 2. Lehrjahr, kennen. Die Paten sind erste Gesprächspartner, geben Sicherheit und sind manchmal vielleicht leichter ansprechbar als eine Abteilungsleitung. Wir gehen an diesem Tag natürlich auch ein paar trockene Themen durch, wie Datenschutz und Personalunterweisungen. Mittlerweile haben wir festgestellt, dass ein Tag nicht ausreicht und gerade sprachlich überfordernd sein kann. Daher möchten wir im kommenden Jahr den WelcomeDay auf 2-3 Tage ausweiten und die einzelnen Tage dafür kürzer halten. 

Des Weiteren helfen wir ihnen dabei, ein Konto einzurichten, bei der Anmeldung im Rathaus, bei der Organisation eines Handys, bei Verträgen etc.. Das ist ganz individuell, manche Auszubildenden brauchen ein wenig mehr Unterstützung, andere kommen schnell alleine zurecht. Am wichtigsten ist es, ihnen Sicherheit zu geben: der Ausbildungsplatz ist sicher, die Wohnung ist sicher. Es ist uns jedoch auch wichtig, dass auch die Auszubildenden von sich aus Engagement zeigen und sich auch selbst erst einmal mit Dingen auseinandersetzen. Schön ist es auch zu sehen, wie sich Menschen aus dem Team gegenseitig unterstützen. Unsere indonesischen Auszubildenen sind z.B. schon länger bei uns und zeigen den neuen Auszubildenen im ersten Lehrjahr verschiedene Sachen und helfen ihnen bei Fragen. Als Arbeitgeber müssen wir dann gar nicht mehr viel beitragen. Zudem schweißt auch der Austausch im Team noch mal zusammen und ist wichtig für die Integration hier vor Ort. 

Für alle Auszubildenden organisieren wir zudem einen Termin für eine gemeinsame Infektionsschutzbelehrung und die Fahrt zur Arztpraxis, wo diese stattfindet. Wir unterstützten die Auszubildenen auch bei der Berichtsheftführung und organisieren eine extra Schulung, da das bei neuen Auszubildenden immer ein großes Thema ist. Daneben bieten wir jede Woche einen zweistündigen Deutschkurs an, die Kosten dafür werden von uns übernommen. Wir erwarten jedoch auch, dass dieses Angebot zum Deutschlernen wahrgenommen wird.“ 

UBA: Welche Tipps haben Sie für andere Unternehmen, die Interesse haben, Auszubildende aus Drittstaaten einzustellen?

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es helfen kann, mit einer Vermittlung zu starten. Wir haben ausführliche Infos von der Agentur erhalten, was wir beachten müssen und was von uns verlangt wird – vom Abholen über Tipps zur Ausstattung der Wohnung bis über Personalpronomen. So hatten wir die Möglichkeit, erste Erfahrungen mit der Rekrutierung und Einstellung internationaler Auszubildenen zu sammeln und es auszuprobieren. Außerdem würde ich empfehlen, erstmal einen Auszubildenden aus dem Ausland zu beschäftigen und sich dann mit dieser Person wirklich intensiv zu befassen und das Ankommen gutvorzubereiten. Ganz wichtig ist es auch, die Ausbilder mit ins Boot zu holen und diese darauf einzustellen, dass Sprachbarrieren bestehen könnten. Die Entscheidung, Auszubildene aus Drittstaaten einzustellen, betrifft das ganze Team, nicht nur die Geschäftsleitung. Deshalb empfehle ich, alle Kolleginnen und Kollegen frühzeitig miteinzubeziehen und den neuen ausländischen Personen – insbesondere zu Beginn – auch etwas Zeit zu geben. Die ersten Wochen sind sehr hart, vor allem gerade zu Beginn sind sie erfahrungsgemäß häufig noch unsicher, die Sprache anzuwenden. Rückblickend sind wir sehr froh über unsere Entscheidungen. Wir möchten uns von keinem unsere Auszubildenen verabschieden, sie haben auch wirklich tolle Ergebnisse in der Berufsschule erzielt.  

Wir sprechen hier vor Ort auf Deutsch mit den Auszubildenden, damit sie auch in der Berufsschule mitkommen. Auf die Deutschkenntnisse achte ich auch schon im Vorstellungsgespräch und stelle nicht nur die Standardfragen, sondern noch zwei, drei Fragen zusätzlich, auf die sich die Bewerber vielleicht nicht so vorbereitet haben, sondern man an ihrer Antwort die Deutschkenntnisse feststellen kann. Wenn ich merke, dass die Deutschkenntnisse nicht ausreichen und sie vermutlich in der Berufsschule nicht mitkommen würden, dann sage ich das auch direkt im Gespräch. Ich rate ihnen noch weiter an der Sprache zu arbeiten und lade sie ein, sich nächstes Jahr nochmal zu bewerben.  

Als letzten Tipp möchte ich anderen Unternehmen noch gerne mitgeben, den Glauben nicht zu vergessen. Wir berücksichtigen natürlich auch die unterschiedlichen Religionen, in unserem Fall vor allem beim Angebot unserer Mittagsverpflegung, sowie die Hochfeste (z.B. Ramadan). Auch das spielt eine große Rolle für die Integration. Soweit es möglich ist, versuchen wir beispielsweise zu ermöglichen Gebetszeiten in die Pause zu integrieren, am Opferfest freizunehmen, Pausen während des Ramadans zu machen oder auch ein gemeinsames Kochen während der Fastenzeit nach Sonnenuntergang. Wir sind aktuell sehr zufrieden und planen, auch im nächsten Jahr weitere Auszubildende aus verschiedenen Ländern einzustellen.“